Raumtext
Worüber wollen wir heute sprechen?
Und worüber wollten junge, jüdische Frauen sprechen, die zwischen 1785 und 1806 die anregendsten Zusammenkünfte der Intellektuellen der preußischen Hauptstadt – die Berliner Salons – gestalteten? In den Salons wurde wie nirgends sonst musiziert, gedichtet und gestritten. Der Dichter Jean Paul berichtete 1801 in einem Brief:
„Der Adel vermengt sich mit dem Bürger, nicht wie Fett mit Wasser, auf welchem dieses immer oben schwimmt, sondern sie sind innig vereinigt. Gelehrte, Juden, Offiziere, Geheime Räte, Edelleute, kurz alles was sich an anderen Orten […] die Hälse bricht, fällt einander um diese und lebt wenigstens freundlich an Tee- und Esstischen beisammen.“
Die preußische Königin Sophie Charlotte hatte schon rund 80 Jahre zuvor mit freigeistigen Salons eine Gegenwelt zu den strengen preußischen Umgangsformen geschaffen. Um 1800 luden – beflügelt von der französischen Revolution – gebildete Jüdinnen wie Rahel Levin (später Varnhagen) und Henriette Herz zum Tee und schufen damit einzigartige gesellschaftliche Freiräume. Konservative Kreise beschuldigten die Salons, „unbürgerlich“ und „unpreußisch“ zu sein. Mit der französischen Besatzung Berlins und dem aufkommenden Nationalismus erstarb die politisch fortschrittliche Salonkultur zunehmend. •